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Auch Minijobber haben Anspruch auf Mindestlohn – Änderungen ab Oktober 2022

Für Minijobber war und ist das Jahr 2022 mit zahlreichen Änderungen verbunden. Erst im Januar sanken die Umlagen U1 und U2, auch die Insolvenzgeldumlage soll verändert werden. Besonders interessant erscheint aber der Blick auf Oktober 2022, denn ab diesem Datum soll der von der Ampelkoalition neu festgelegte Mindestlohn in Deutschland gelten. Und der ist nicht nur für Teilzeit- und Vollzeitkräfte geltend, sondern auch für Minijobber.

 

Versprechen eingehalten – Steigerung des Mindestlohns kommt

Es war das vollmundige Versprechen vor der Bundestagswahl 2021, dass der Mindestlohn auf 12,00 Euro ansteigen solle. Nicht jeder glaubte Kanzler Olaf Scholz, dass er sich wirklich dafür einsetzen würde, doch er hat sein Versprechen wahr gemacht. Ab dem 1. Oktober 2022 soll es so weit sein. Insbesondere für Minijobber lohnt es sich jetzt, mit einem Mindestlohnrechner zu ermitteln, welche Auswirkungen das auf den künftigen Verdienst haben wird. Zu beachten sind dabei folgende Aspekte:

 

  • Die Arbeitszeit kann sich entsprechend reduzieren.
  • Die Verdienstgrenze erhöht sich auf 520 Euro.

 

Aktuell liegt der Mindestlohn für Minijobber bei 9,82 Euro pro Stunde. Das entspricht einer maximalen Arbeitszeit von 45,8 Stunden pro Monat. Wird der Mindestlohn nun auf die versprochenen 12,00 Euro pro Stunde angehoben, würde das eine Arbeitszeitreduktion auf 37,5 Stunden monatlich zur Folge haben. Die macht sich insbesondere bei Arbeitgebern bemerkbar, denn sind bestimmte Positionen im Betrieb fest besetzt, müssen Änderungen erfolgen.
 
Die Ampelkoalition entschied sich daher, auch die Verdienstgrenze um 70 Euro auf insgesamt 520 Euro pro Monat anzuheben. Dadurch ist es Minijobbern möglich, 43,3 Stunden pro Monat zu arbeiten.

 

Kritik an der Änderung der Gesetze

Minijobs sind bei Jobbörsen sehr gefragt, denn sie kommen für eine breite Zielgruppe in Betracht. Dennoch kommt immer wieder Kritik auf, unter anderem wird der Politik der mangelnde Schutz von Minijobbern vorgeworfen. Tatsächlich hat der Minijob auch Nachteile für Angestellte, darunter die fehlende Sozialversicherung.
 
Durch die Anhebung der Verdienstgrenze rutschen Menschen in die Minijobzone, die vorher über ihren Arbeitgeber sozialversichert waren.
 
Geringfügig Beschäftige profitieren somit zwar vom Mindestlohn, haben aber dennoch verglichen mit klassischen Angestelltenverhältnissen einige Nachteile zu verzeichnen:

 

  • Keine automatische Versicherung (Krankenkasse, Rentenversicherung)
  • Kein Anspruch auf Kurzarbeitergeld
  • Rentenversicherungsbeiträge nur freiwillig zahlbar

 

Schon lange wird daher gefordert, dass jede Art von Job sozialversicherungspflichtig ist, auch jene, die unterhalb der ab Oktober zulässigen 520-Euro Verdienstgrenze liegen.

 

Achtung Arbeitgeber: Nicht nur für Minijobber ändern sich die Verhältnisse

Durch die Erhöhung des Mindestlohns müssen Arbeitgeber zunächst einmal tiefer in die Tasche greifen, um Minijobber zu entlohnen. Alternativ können die Arbeitszeiten reduziert werden, was im Sinne der wenigsten Arbeitgeber sein dürfte. Erste Änderungen ergeben sich schon ab dem 1. Juli 2022 durch eine Erhöhung des Mindestlohnes von 9,82 Euro auf 10,45 Euro. Erst am 1. Oktober gilt die Erhöhung auf 12,00 Euro.
 
Bis September 2022 ist es weiterhin nicht erlaubt, mehr als 450 Euro pro Monat zu verdienen. Durch die bereits zuvor erfolgende Erhöhung des Mindestlohnes um 0,63 Euro kann es bereits zu personellen Veränderungen kommen. Erst ab dem 1. Oktober ist es dann zulässig, einen Gesamtverdienst von 520 Euro pro Monat zu verzeichnen.
 
Die maximale Einsatzzeit beträgt ab Juli rund 43 Stunden, zuvor lag sie bei 45 Stunden. Diese Zahl ändert sich im Oktober nicht mehr, die Anpassung auf einen Maximalverdienst von 520 Euro pro Monat sorgt für Stabilität.
 
Problematisch für Arbeitgeber: Wenn die geringfügig beschäftigten Angestellten die maximal zulässige Zahl an Arbeitsstunden überschreiten, können Nachzahlungen von Sozialversicherungsbeiträgen und Lohnsteuer ins Haus stehen.

 

Wie können Arbeitgeber sich auf die neue Situation vorbereiten?

Für Mitarbeitende auf Minijobbasis ist die Erhöhung des Mindestlohns eine deutliche Erleichterung, dennoch muss in vielen Betrieben eine Anpassung der Arbeitszeiten erfolgen.
 
Wenn genug Angestellte verfügbar sind, um den Wegfall von rund zwei Stunden Arbeitszeit abzufangen, sind keine Schwierigkeiten zu erwarten. Viele Betriebe bewegen sich aber im Nachklang auf die Corona-Pandemie und daraus resultierende wirtschaftliche Schwierigkeiten bereits personell auf einem schmalen Grat. Jetzt noch einen weiteren Mitarbeiter für zwei Stunden pro Monat zu verlieren, kann ein logistisches Problem werden. In Frage kommende Lösungen sind:

 

  • Veränderung der Geschäftsöffnungszeiten (nicht immer möglich und rentabel)
  • Zusätzliche Anstellung eines weiteren Minijobbers
  • Nutzung von Zeitarbeit für die Deckung des offenen Bedarfs
  • Umwandlung des Arbeitsverhältnisses in die Sozialversicherungspflicht

 

Theoretisch ist es in einigen Betrieben möglich, die Arbeitszeit anzupassen, beispielsweise durch Reduktion der Tagesöffnungszeiten um 30 Minuten täglich. Doch darunter leidet in vielen Fällen der Umsatz, sodass der Betrieb doppelt belastet ist. Nicht nur, dass die Kosten für die Lohnausgaben gestiegen sind, parallel dazu fallen außerdem Arbeitsleistungen weg.
 
Mithilfe von Zeitarbeit und dem punktuellen Einsatz von zusätzlichen Mitarbeitern lässt sich die Problematik am ehesten kompensieren. Befindet sich nur ein Minijobber im Betrieb, handelt es sich um den Wegfall von rund zwei Stunden Arbeitszeit pro Monat, was kompensierbar ist. Anders sieht es jedoch aus, wenn mehrere Minijobber im Betrieb aktiv sind.
 
Ganz besonders betroffen sind hier die Einzelhandelsbranche, aber auch die Reinigungsbranche. In beiden Unternehmensfeldern wird verstärkt auf den Einsatz von Minijobbern gesetzt, um die vorhandene Arbeitszeit abzudecken. Es ist in beiden Branchen aber auch geradezu unmöglich, die zur Verfügung stehenden Stunden zu reduzieren. Wenn bei zehn Minijobbern in einem Betrieb pro Monat nun insgesamt 20 Stunden nicht mehr besetzt sind, braucht es mindestens einen neuen Mitarbeiter, um das Problem zu unterwandern.

 

Kostenfalle Minijobber – es wird teurer für Arbeitgeber

Minijobs haben einen zwiespältigen Ruf in Deutschland. Einerseits werden sie als unkomplizierte Möglichkeit beschrieben, wie sich auch berufstätige Personen zusätzlich einen Nebenverdienst ermöglichen können. Andererseits wird der mangelnde Schutz der Minijobber immer wieder kritisiert.
 
De facto kommt auf Arbeitgeber eine Kostenerhöhung von gesamt rund 1,63 Milliarden Euro für den Rest von 2022 und insgesamt eine Erhöhung der Kosten um 5,63 Milliarden in den folgenden Jahren zu. Experten gehen davon aus, dass bei gezahlten Tariflöhnen außerdem der Druck auf eine zu billigende Erhöhung steigt, da sie häufig kaum die Grenze des gesetzlichen Mindestlohns überschreiten.

 

Aufzeichnungspflicht ab Oktober 2022 noch genauer nehmen

Der größte Einsatz von Minijobbern ist in der Gastronomie, im Einzelhandel und in der Reinigungsbranche zu beobachten. Aber auch andere Dienstleistungs- und Logistikbetriebe beschäftigen insbesondere saisonal viele Minijobber. Ein Paradies für Schwarzarbeit, weswegen die Gesetze zur Kontrolle enorm verschärft wurden. Es gilt eine gesetzliche Aufzeichnungspflicht, um Schwarzarbeit und damit die Hintergehung des Staates zu verhindern. Erfassungen sind in folgenden Branchen unverzichtbar:

 

  • Spedition und Logistik sowie Baugewerbe
  • Hotel- und Gastronomiegewerbe
  • Gebäudereinigung
  • Zeitungszusteller sowie Mitarbeiter von Zustelldiensten
  • Messebau
  • Forst- und Fleischwirtschaft

 

Ein Nachweis kann elektronisch oder handschriftlich erfolgen, die niedergeschriebenen Zeiten müssen korrekt den Tatsachen entsprechen. Für maximale Sicherheit sollten Stundenzettel vom Minijobber grundsätzlich gegengezeichnet werden. Drei entscheidende Punkte müssen zur Zeiterfassung vermerkt werden:
 
1. Arbeitszeitbeginn an jedem einzelnen Arbeitstag
2. Arbeitszeitende an jedem einzelnen Arbeitstag
3. Tägliche Arbeitszeitdauer ohne gemachte Pausen
 
Sämtliche Aufzeichnungen müssen mindestens zwei Jahre aufbewahrt werden. Experten schätzen, dass nach der Steigung des Mindestlohns und der damit verbundenen Senkung der Arbeitszeiten schärfere Kontrollen zu erwarten sind.
 
Denn schon die Vergangenheit hat gezeigt, dass die Zeiterfassung im Minijob nicht immer genau genommen wird, was einerseits von großen Nachteilen für Minijobber ist, aber auch den Arbeitgeber in erhebliche Bedrängnis bringen kann.
 
Dank der fortschreitenden Digitalisierung ist es mittlerweile allerdings via elektronischer Zeiterfassung leichter geworden, die Einsatzzeiten transparent nachzuweisen. Ehrliche Arbeitgeber haben dadurch nichts zu befürchten, lediglich die Kostensteigerung in den kommenden Jahren betrifft alle Branchen gleichermaßen. In einzelnen Fällen kann es fast rentabler sein, auf ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis aufzustocken.

 
 
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